Der Verwaltungsgerichtshof München hat in einem Beschluss vom 18.05.2010
(Az.: 11 Cs 10.357) entschieden, dass einem Fahrzeughalter ein Fahrtenbuch für die Dauer von 12 Monaten auferlegt werden kann, wenn von diesem keine Angaben gemacht wurden, die eine Identifizierung des Fahrers des Kraftfahrzeuges, der das Rotlicht einer Ampel missachtete, die bereits länger als eine Sekunde „rot“ zeigte, ermöglichten.

Der Verwaltungsgerichtshof führte aus, dass bei der vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Anordnung der Dauer der Fahrtenbuchauflage berücksichtigt werden könne, dass ein schwerer wiegendes Delikt auch eine längere Überwachung der Nutzung eines Fahrzeuges zumutbar erscheinen lasse. Hierbei sei besonders auf die Gefährlichkeit für die Sicherheit  des Straßenverkehrs abzustellen. Der Verwaltungsgerichtshof verweist auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim, die sogar die Verhängung einer zweijährigen Fahrtenbuchauflage als adäquate Reaktion auf einen derartigen Rotlicht-Verstoß angesehen habe (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 28.05.2001).

Praxishinweis: Eine Fahrtenbuchauflage setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitgrundsatzes die Verletzung einer Verkehrsvorschrift in nennenswerten Umfang voraus. Danach sind Verstöße in der Regel dann unwesentlich, wenn sie mit einem Verwarnungsgeld abgegelten werden können oder in ruhendem Verkehr begangen werden. Allerdings kommt bei wiederholter Begehung die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage auch bei unwesentlichen Verstößen nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts in Betracht. Eine konkrete Wiederholungsgefahr ist für die Fahrtenbuchauflage nicht erforderlich.

Weitere Voraussetzung für eine Fahrtenbuchauflage ist, dass die Ermittlung des Fahrers nicht möglich war. Werden vom Halter des Fahrzeuges keine Angaben zum Fahrer gemacht, kann er sich später auch nicht zur Abwendung der Fahrtenbuchauflage darauf berufen, dass er selbst als Betroffener nicht verpflichtet war, sich selbst zu bezichtigen oder als Zeuge ein Zeugenverweigerungsrecht hatte.
Allerdings kann die fehlende Identifikation des Fahrers durch den Fahrzeughalter eine Fahrtenbuchauflage dann nicht begründen, wenn der Halter sich deshalb nicht mehr an den Tatzeitpunkt erinnern kann, weil eine verzögerte Berarbeitung auf Seiten der Ordnungsbehörde vorliegt. Nach der Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss der Halter deshalb in der Regel innerhalb von zwei Wochen über den Vorfall informiert und befragt werden.

Amelung & Trepl Rechtsanwälte empfehlen deshalb, bereits vor Ausfüllung und Rücksendung des Anhörungsbogens im Bußgeldverfahren durch den Fahrzeughalter, einen spezialisierten Rechtsanwalt zu befragen, um ggf. im Falle der Nichtidentifizierung des Fahrers eine Fahrtenbuchauflage abzuwenden.