Computer- und Internetstrafrecht

Auch wenn sich der Begriff „Internetstrafrecht“ im vergangenen Jahrzehnt sowohl in der juristischen Literatur als auch in der Praxis etabliert hat, ist er insoweit irreführend, als ein abgrenzbares „Internetstrafrecht“ eigentlich nicht definiert werden kann. Internetspezifische Strafvorschriften, die eine strafrechtliche Verantwortlichkeit von Anbietern oder Usern im Internet regeln, gibt es bislang nicht. Allerdings gibt es eine Vielzahl von allgemeinen Straftaten, die sich des Mediums des Internets bedienen wie z. B. in Fällen des Betruges und der Beleidigung im Internet. Aufgrund dieser Verlagerung von Kriminalität in das Internet ist es daher durchaus gerechtfertigt, den wissenschaftlich ungenauen Begriff des Internetstrafrechtes für die Umschreibung einer Spezialmaterie zu verwenden.

Grundsätzlich können in diesem Rechtsbereich Straftaten unterschieden werden, die sich einerseits gegen den Computer bzw. das Internet richten und Straftaten andererseits, die mittels des Computers und des Internets begangen werden.

Zu den Straftaten gegen den Computer zählen insbesondere:

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  • Computerbetrug gem. § 263 a StGB, worunter z. B. die Verwendung von sog. „Dialerprogrammen“ fällt, aber auch die missbräuchliche Verwendung von Codekarten an einem Bankautomaten oder der unberechtigte Zugang zu Pay-TV-Programmen. Als besondere Erscheinungsform der Internetkriminalität fallen unter diesen Tatbestand auch das sog. Phishing, Pharming und Skimming;
  • das Ausspähen von Daten gem. § 202 a StGB, bei welchem es sich um den klassischen Hackerparagraphen des Strafgesetzbuches handelt;
  • die Datenveränderung gem. § 303 a StGB, worunter vor allem die Datenmanipulationen wie der Einsatz von Schadprogrammen, Computerviren, logischen Bomben etc. regelmäßig subsumiert werden;
  • die Computersabotage gem. § 303 b StGB, welche aufgrund ihres schwer zu bestimmenden Schutzgutes in der Praxis regelmäßig große Auslegungsprobleme bereitet;
  • die Fälschung technischer Aufzeichnungen gem. § 268 StGB, worunter klassischer Weise die Manipulationen von Fahrtenschreibern fallen;
  • das Erschleichen von Leistungen gem. § 265 a StGB, worunter computerspezifisch regelmäßig die Fälle des Einsatzes einer Piratenkarte zum Freischalten des Pay-TV subsumiert werden, wohingegen das Schwarzsurfen in einem ungesicherten W-Lan nicht erfasst sein soll.

Unter die Straftaten mittels Computer/Internet sind vor allem folgende zu zählen:

  • Betrug gem. § 263 StGB: der Betrugstatbestand wird vor allem im Zusammenhang mit Onlinehandel zunehmend erfüllt, wobei in rechtlicher Hinsicht keine Unterschiede zum Offline-Versandhandel bestehen; eine klassische Art des Onlinebetruges stellen beispielsweise die Betrugsversuche per Email durch die sog. Nigeria-Connection dar, bei welchen große Geldsummen aus einem Drittland nach Deutschland gebracht werden sollen und dem Emailempfänger für das zur Verfügungstellen seines Kontos arglistig große Provisionen versprochen werden, allerdings nicht ohne vorherige Entrichtung von Gebühren durch den Emailempfänger;
  • die unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels gem. § 284 StGB und Beteiligung an einem unerlaubten Glücksspiel gem. § 285 StGB, deren Anwendungsbereich z.B. mit Blick auf die Frage der Strafbarkeit einer Teilnahme an Onlinelotterien im Ausland große Probleme aufwerfen;
  • Besitz und Verbreitung pornographischer Schriften gem. § 184 StGB und kinder- und jugendpornographische Schriften gem. §§ 184 b, 184 c StGB, welche nach der polizeilichen Kriminalstatistik 2009 um 43 % auf 3.823 Fälle stark abgenommen haben;
  • Volksverhetzung und Gewaltdarstellung gem. §§ 130, 131 StGB;
  • Beleidigungen gem. § 185 StGB;
  • Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen gem. § 201 a StGB;
  • Offenbarung und Verwertung fremder Geheimnisse gem. §§ 203, 204 StGB;
  • Urheberrechtsverletzungen gem. §§ 106, 108 a UrhG, bei welchen sich regelmäßig die Frage nach der Abgrenzung zwischen nach § 53 UrhG erlaubten und verbotenen Privatkopien stellt, sowie die Frage einer Strafbarkeit bei der Nutzung von sog. Filesharing-Tauschbörsen oder „On-Demand-Diensten“, ebenso wie die strafprozessuale Rolle von „privaten Ermittlern“ im Auftrag von Rechtsinhabern von Bedeutung ist;
  • Datenschutzverletzungen gem. §§ 3, 43, 44 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz), wobei zu betonen ist, dass inzwischen jede unbefugte Datenerhebung und Weiterverarbeitung gem. § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG sowohl im Falle von Vorsatz als auch Fahrlässigkeit bußgeldbewehrt ist und vorsätzlichen Handlungen im Sinne des § 43 Abs. 2 BDSG, die gegen Entgelt oder im Bereicherungs- oder Fremdschädigungsabsicht vorgenommen werden, gem. § 44 BDSG strafbar sind;
  • Abhörverbote gem. §§ 89, 148 TKG (Telekommunikationsgesetz), worunter nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Wuppertal auch Fälle des Schwarzsurfens in fremden, ungeschützten W-Lan-Netzen strafbar sind;
  • nicht genehmigter Arzneimittelversand gem. §§ 95, 96 AMG (Arzneimittelgesetz).

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Im Bereich des Computer- und Internetstrafrechts stellen sich neben den zahlreichen materiellrechtlichen Fragen einer Strafbarkeit auch Fragen der Inanspruchnahme von Providern, sei es mit der Aufgabe der Datenspeicherung oder einer Auskunftserteilung, sei es im Zusammenhang mit Sperrverfügungen gegen Access- und Host-(Service)Providern oder sei es im Zusammenhang mit der Frage der Haftung der Inhalte, welche zwischenzeitlich zu einer Flut von Rechtsprechung und Literatur geführt haben.

Ebenso verhält es sich mit den zahlreichen Sonderformen an Ermittlungsmaßnahmen wie beispielsweise der Durchsuchung und Beschlagnahme von Daten und EDV-Anlagen oder internationalen Rechtshilfeersuchen, die von einer professionellen Verteidigung regelmäßige Fortbildungen verlangen.

Amelung & Trepl Rechtsanwälte arbeiten seit Jahren intensiv mit EDV-Spezialisten zusammen, ohne deren Unterstützung eine Verteidigung gegenüber den mittlerweile hochgerüsteten polizeilichen Spezialeinheiten kein Gegengewicht gegenüber gestellt werden kann.