Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 04.04.2013 (Az.: 3 StR 521/12) den Freispruch für einen Angeklagten, der CDs mit Rockmusik mit rechtsradikalen Liedtexten produzierte, bestätigt, da dieser regelmäßig von einer Rechtsanwältin die strafrechtliche Relevanz der Liedtexte habe prüfen lassen und auf die Stellungnahme der Rechtsanwältin, dass die (teilweise geänderten) Texte keinen strafbaren Inhalt aufwiesen, vertraut habe, weshalb er sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden habe, so dass er nicht wegen bedingtem Vorsatzes nach § 86 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 StGB bestraft werden könne.
Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung die grundsätzlich sehr hohen Anforderungen an ein unvermeidbaren Verbotsirrtum konkretisiert, die an anwaltliche Auskünfte zu stellen sind, wenn hierdurch ein unvermeidbarer Verbotsirrtum nach § 17 StGB begründet werden soll.
Danach soll das Vertrauen auf den eingeholten anwaltlichen Rechtsrat nicht in jedem Fall einen unvermeidbaren Verbotsirrtum begründen können, sondern nur dann, wenn sich der Rechtsratsuchende an einen auf dem betreffenden Rechtsgebiet versierten Anwalt wende. Des Weiteren müsse der Rechtsratsuchende nach den für ihn erkennbaren Umständen auf die Richtigkeit der Auskunft vertrauen dürfen, weshalb „bestellte Gefälligkeitsgutachten“ bzw. Auskünfte, die erkennbar mangelhaft seien und lediglich eine „Feigenblattfunktion“ erfüllen sollen, nicht geeignet sein können, einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen. Seien inhaltliche Defizite allerdings nicht erkennbar, müsse die Unvermeidbarkeit des Verbotsirrtums bejaht werden, vor allem wenn der Anwalt über langjährige Erfahrung auf dem Rechtsgebiet verfüge und seine Einschätzungen sich bislang immer als zutreffend erwiesen hätten, weil dann auf die Richtigkeit der Auskunft vertraut werden dürfe. Vorliegend habe die Anwältin sich in der Vergangenheit stets geweigert, gegen ihre Überzeugung die rechtliche Unbedenklichkeit von Texten zu bescheinigen, was bei der Annahme der Unvermeidbarkeit des Verbotsirrtums insbesondere zu berücksichtigen sei.
Fazit: Wer das Risiko eigener Strafbarkeit vermeiden will, sollte in strittigen Fällen stets die Auskunft eines auf dem jeweiligen Rechtsgebiet versierten und in der Beantwortung etwaiger Strafbarkeitsrisiken erfahren Spezialisten einholen.
RA u. FAfStrafR Daniel Amelung